Die Stimme als Weg zur Heilung – ein Gespräch über Klang, Ausdruck und innere Verbindung mit Suva Schachner
Herzlich willkommen bei Vom Leben berührt – deinem Podcast für transformative Körperarbeit. Hier kannst du nicht nur den Podcast hören, sondern auch das vollständige Gespräch nachlesen. Suva Schachner ist Voice & Charisma Coach. Mit feiner Wahrnehmung begleitet sie Menschen darin, ihre Stimme als Ausdruck ihres ganzen Wesens zu entdecken – nicht perfekt, sondern wahrhaftig und lebendig. Gemeinsam sprechen wir über innere Sicherheit, Nervensystem und Resonanzräume – über das Verstummen und das Wieder-Finden der eigenen Sprache.
Lesezeit 22 Min.
Keine Zeit für den ganzen Text? Hier ist die Essenz des Gesprächs (Lesezeit 3 Minuten.) Klicke hier✨
Auditive Feinfühligkeit und die Kraft von Klang
Petra: Herzlich willkommen, liebe Suva. So schön, dass du da bist und du meiner Einladung gefolgt bist…
Suva: Ja, ich habe mich begeistert für das Thema Stimme und Sprechen, weil ich auditiv sehr empfindsam bin – in alle Richtungen. Ich kann mich sehr begeistern für wundervolle Musik, wundervolle Stimmen. Aber ich bin auch sehr empfindlich, wenn es um Störgeräusche geht. Dieser auditive Kanal des Hörens ist bei mir sehr fein eingestellt und sehr wach. Insofern begeistert mich das Thema. Ich arbeite auch mit heilsamen Klängen – mit Instrumenten wie Gong, Klangliege, Kristallklangschalen – da begleite ich Menschen. Und ich finde einfach: Wenn der Mensch dieses Instrument – seine Stimme – wirklich nutzt, für das Wohl anderer oder für seine eigene Heilung, dann kann das unglaublich kraftvoll sein.
Heilung durch die eigene Stimme
Petra: Was für ein spannender Aspekt, dass ich meine eigene Stimme – den Klang meiner Stimme – als heilend erfahren kann.
Suva: Oh ja. Die weisen Frauen – in alten Zeiten oder im Mittelalter – haben tatsächlich mit ihrer Stimme geheilt.
Petra: Also meine Stimme kann andere heilen?
Suva: Ja.
Petra: Ich dachte eher an meine eigene Heilreise.
Suva: Beides. Wenn du tönst, kannst du deinen Körper selbst beruhigen. Das tun Katzen ja auch durch ihr Schnurren. Es ist erwiesen, dass sie sich durch diese Vibration auch selbst heilen können. Deshalb summen wir auch oder singen Kinder in den Schlaf. Summen – „Humming“ – ist auch eine Meditationsform. Und das ist Teil meines Mentoring-Programms oder Voice-Coachings: dass die Menschen im Sitzen, Liegen oder Gehen ihre eigene Stimme im körperlichen Resonanzraum ertönen lassen. So entsteht überhaupt erst eine innere Wahrnehmung. Sie spüren: Ich kann mich selbst beruhigen, ich kann mir selbst etwas geben – durch mein eigenes Tönen. Wenn das im Inneren funktioniert, dann funktioniert das auch nach außen. Denn Klang ist das Einzige, wovor man sich nicht schützen kann. Selbst wenn du deine Ohren zuhältst – dein Körper hört trotzdem mit.
Suva: Ja, es ist ja auch so, dass zum Beispiel Gehörlose einen gewissen Ton, wenn auch dumpf, mitbekommen
Petra: oder sie nehmen über Vibration, über die Füße wahr, wie Klang und Rhythmus sind. Es gibt auch taube Sänger, die trotzdem hervorragend singen.
Jetzt wird’s körperlich – Summen als Nervensystem-Regulator
Petra: Jetzt steigen wir eigentlich schon ganz tief ein – denn was du beschreibst, ist ja weit mehr als ein stimmlicher Ausdruck. Es geht um Selbstregulation, um Beruhigung, um das Nervensystem.
Suva: Ja, genau. Das Summen – dieses einfache „Humming“ – hat eine ganz regulierende Wirkung auf unser autonomes Nervensystem. Es spricht besonders den Vagusnerv an, der ja zentral ist für unsere Fähigkeit, in Sicherheit, Verbindung und Entspannung zu kommen.
Wenn wir summen oder tönen, schwingen wir unser Inneres auf eine sanftere Frequenz ein. Das ist wie eine innere Massage – für das Nervensystem, für die Zellen. Es hilft, runterzufahren, präsent zu werden – im besten Sinne: zu sich selbst zu kommen.
Klang unter Wasser und digital verzerrte Stimmen
Suva: Zum Beispiel unter Wasser – das ist auch spannend. Wenn du unter Wasser tönst, ist es etwas ganz anderes. Das hängt mit den Resonanzräumen zusammen – wie du selbst klingst, wie deine Ohren bedeckt sind oder sich unter Wasser verhalten.
Petra: Ja, oder diese Unterwasser-Musik in Schwimmbädern – wenn man im Wasser schwebt, hört man sie total klar. Über Wasser hingegen kaum – obwohl man nur wenige Zentimeter entfernt ist.
Suva: Das liegt an bestimmten Frequenzen und daran, dass Wasser ein Resonanz- und Übertragungsmedium ist. Genauso funktioniert es auch, wenn wir Stimmen von Band hören. In der Musikbranche wird mittlerweile so viel an Stimmen verzerrt – besonders in der Popmusik. Man hört sofort, wenn Stimmen mit Effekten bearbeitet sind und fast schon roboterhaft klingen. Viele finden das hip – aber ich finde es irgendwie eine schräge Entwicklung.
Petra: Ja, das verliert an Authentizität.
Suva: Oder es ist auch ein Verstecken. Der Weg zurück zur eigenen Stimme – zur hörbaren, wahren Stimme – führt für mich über das Loslassen alter Glaubenssätze und innerer Muster: „Ich darf nicht sagen, was ich fühle“, „Ich werde eh nicht gehört“. Du hast das Verstummen angesprochen – das ist ein Riesenthema. Es betrifft nicht nur die Stimme, sondern auch das Sein und unser gesamtes Bewusstsein.
Wenn die Stimme sich nicht zeigen durfte
Petra: Ja, und auch unsere Prägungen. Ich konnte früher vor mehr als zwei Personen kaum sprechen. Oder auf Festen – da gibt es diese einen oder zwei, die die Aufmerksamkeit mit ihrer Stimme auf sich ziehen, und ich war das Mäuschen. Ich wurde nicht gehört, konnte nicht laut schreien. Babys zum Beispiel – die schreien stundenlang und werden nicht heiser. Der ganze Körper ist beteiligt, das Zwerchfell arbeitet mit, der Kehlkopf ist frei, die Stimmbänder auch. Ich hatte mit 5 Jahren eine Mandel-Op, da hatte ich das Gefühl: Jetzt wird etwas verletzt. Ich dachte wirklich, ich sterbe. Ich bekam eine Äthermaske und wurde von fünf Leuten fixiert, weil ich Panik hatte. Ich glaube, solche Erfahrungen spielen mit hinein. Und wenn man als Kind nicht gefragt wird: „Was fühlst du? Was möchtest du sagen?“ – dann fehlt später die Selbstverständlichkeit, sich auszudrücken.
Der Weg aus der Stille – mit kleinen Schritten
Petra: Ich bin eher introvertiert. Vielleicht glaubt man das nicht. Aber ich hatte den Wunsch, mich auszudrücken. Und ich musste dafür ringen. Als introvertierter Mensch fühle ich tief – aber das in Worte zu bringen, dauert. Extravertierte sprechen oft und entwickeln im Reden erst, was sie sagen möchten. Sie unterbrechen schneller, und das verstärkt die Spirale des Nicht-Gehörtwerdens. Ich habe angefangen, kleine Texte zu schreiben, später sie einzusprechen – erst für mich selbst. Eine Freundin hat mir gezeigt, wie sie sich täglich Sprachnachrichten über WhatsApp schickt – wie ein Tagebuch. Und irgendwann habe ich angefangen, meine Texte zu veröffentlichen. Auch dieser Podcast entstand daraus. Das war ein Lernprozess. Kleine Schritte. Ich habe gemerkt: Es geht – und dann kam der nächste Schritt. Und irgendwann entsteht Freude daran. Freude am Mut.
Die Zeit der Fühlenden
Suva: Wunderschön. Ich glaube wirklich, es ist jetzt die Zeit für die Introvertierten – für die Fühlenden. Die Menschheit muss – im kollektiven Sinn – lernen, wieder zu fühlen. Und die, die tief empfinden, gehen gerade voran. Extrovertierte reden oft viel – aber manchmal ist wenig Substanz dahinter. Viel heiße Luft, wenn man so will. Gerade deshalb ist es wichtig, dass die Leisen, die Sensiblen, die mit echter Tiefe, sich jetzt zeigen – auf ihre Weise. Auch wenn sie nicht laut sind. Wenn sie sich auf ihre Weise mitteilen, dann geschieht echte Veränderung.
Petra: Ja, total.
Suva: Sie sind die Pioniere der neuen Zeit.
Raum für Stille, Stimme und echte Präsenz
Petra: Und es ist schön, wenn Extrovertierte diesen Menschen Raum geben – wenn sie stiller werden und bewusst auch leise Stimmen einladen. In Gruppen zum Beispiel bewusst fragen: „Was nimmst du wahr?“ – das bereichert eine Gruppe. So lernen alle voneinander und das braucht einen sicheren Raum. Ohne den wird sich ein introvertierter Mensch kaum äußern. Auch im therapeutischen Kontext: Die Stimme ist ein Spiegel der Seele. Wie der Körper, die Mimik, die Gestik. Wenn ich als Therapeutin wahrnehme, wo eine Stimme offen ist oder stockt, kann ich unglaublich viel erkennen. Die Stimme zeigt, was ist. Auch wenn wir versuchen, ein bestimmtes Bild abzugeben – die Stimme lügt nicht.
Wenn die Stimme spiegelt, was innen klingt
Suva: Absolut. Nicht umsonst heißt das Wort Stimmung – ja, das kommt ja von Stimme.
Petra: Stimmung, meine innere Stimmung zeigt sich sofort in der Stimme. Und zeigt, was stimmig ist.
Suva: Ja, absolut. Ob es sich stimmig anfühlt. Und du hast gerade von Brüchen in der Stimme gesprochen – dass alles hörbar ist. Egal, was ich innerlich fühle – das tritt nach außen durch die Stimme. Wenn jemand zum Beispiel kleine Brüche in der Stimme hat, ist das gar nicht schlimm. Sogar in der Industrie, bei Profisprechern – die besten Profisprecher, die viele Filme oder Werbung sprechen – das sind nicht die mit den „schönsten“ Stimmen. Das sind die, bei denen alles hörbar ist, wo ganz viele Facetten von Emotionen durch die Stimme transportiert werden.
Stimme als Nervensystem – zwischen Beruhigung und Überreizung
Petra: Ja, zum Beispiel ist Joe Cocker mit seiner Stimme ja berühmt geworden. Und Stimme wird auf der anderen Seite auch sehr unterschiedlich wahrgenommen. Für den einen ist eine Stimme sonor und tragend – also ich bin ein totaler Stimmenmensch. Wenn ich so eine warme, satte Männerstimme höre, da kann ich drin baden. Das ist so beruhigend für mein Nervensystem. Wohingegen es auch Stimmen gibt, die sehr gehetzt sind oder sehr schnell sprechen. Wenn das Nervensystem übererregt ist – im Sympathikus, quasi im Kampf- oder Fluchtmodus – wird die Stimme schnell, geht in höhere Lagen, wird manchmal auch schrill.
Suva: Und das überträgt sich.
Petra: Ja, total. Ich meine, wenn man mit seiner Stimme in den Ausdruck geht nach außen und Menschen erreicht – da gibt es ja auch die Angst vor Bewertung. Und da möchte ich sagen: Deine Stimme ist, wie sie ist, und sie darf so sein. Deine Stimme – die gibt es kein zweites Mal auf diesem Planeten in dieser Klangfarbe. Und wenn jemand deine Stimme verurteilt oder…
Suva: Meinst du jetzt den Klang der Stimme oder den Inhalt?
Petra: Nein, ich meine den Klang deiner Stimme. Also es gibt Menschen, die finden meine Stimme sehr wohltuend, und allein nur das Hören ist für sie super angenehm. Andere Menschen sagen: „Das klingt so wie gehaucht“ oder „seicht“ oder esoterisch?
Suva: Entschuldigung, dass ich lache. Also da würde ich echt sagen – jetzt mal ganz unverblümt – das hat was mit ihnen zu tun.
Petra: Für mich ist das ein richtiger Freistrampelprozess, weil ich denke: Das ist meine authentische Sprechstimme. Ich verstelle mich nicht. Ich kann nicht anders sein. Und wenn jemand mit meiner Stimme nicht einverstanden ist, dann gibt es viele andere – da kann man sich ja hinwenden. Ich kann und will es auch gar nicht allen recht machen, weil dann würde ich mich verlieren. Und das würde sich wahrscheinlich in meiner Stimme auch wiederfinden.
Suva: Ich denke auch, das hat was mit Projektion zu tun. Und davon darf ich mich befreien.
Sichtbar werden heißt auch, Projektionsfläche zu sein
Suva: Unbedingt. Genau das ist ein ganz wichtiger Punkt, den wir gerade zur Sprache bringen. Sobald du in die Öffentlichkeit trittst, sobald du dich sichtbar und hörbar machst, bist du automatisch eine Projektionsfläche – und das wirst du niemals verhindern können. Das heißt, es erfordert natürlich Mut, einen Schritt in eine gewisse Öffentlichkeit oder zu einem gewissen Publikum zu tun. Und du musst damit rechnen. Und das ist auch völlig in Ordnung. Und genau wie du sagst: Du kannst nicht von allen, von 100 Prozent der Zuhörer gemocht oder geschätzt werden. Das ist nicht möglich. Es wird immer mindestens einen geben, dem das nicht passt, der irgendwie getriggert wird durch das, was du sagst. Damit muss man rechnen. Und das ist auch völlig in Ordnung. Ja, das ist ja auch Teil der Befreiung – nach außen zu treten und zu sagen: Okay, ich nehme es jetzt einfach so an. Ich akzeptiere, dass nur bestimmte Menschen den Weg zu mir finden. Das sind dann halt die Richtigen. Mit denen möchte ich was zu tun haben, mit denen möchte ich mich austauschen. Für die möchte ich da sein, denen möchte ich meine Aufmerksamkeit widmen. Und die paar anderen – ja, die sollen einfach woanders hingehen. Es ist immer ein Thema der Resonanz – und das ist ja auch gut so.
Von der Angst zum Ausdruck: Kleine Schritte mit Wirkung
Petra: Ja. Und ich finde das auf jeden Fall auch eine Herausforderung. Also ich habe dann versucht oder ich bin mal eine Weile auch zu den Toastmasters gegangen.
Suva: Kenn ich.
Petra: Genau. Und das war für mich die Hölle. Ich war überhaupt nicht in der Lage, irgendwie frei zu sprechen, und ich wusste gar nicht: Wie gehe ich das an? Und dann habe ich mir das vorformuliert – Wort für Wort, Satz für Satz. Und dann habe ich das versucht auswendig zu lernen, weil ich einfach so die innere Sicherheit und die innere Kapazität noch nicht hatte, wirklich frei zu formulieren. Und das darf wachsen. Es war für mich nicht leicht. Ich habe aber gemerkt: Das geht gar nicht. Wenn ich im Auswendiglernmodus bin, dann – während ich spreche – sehe ich das geschriebene Wort vor meinen Augen. Und ich überlege: Was ist der nächste Satz? Ich bin weder in Kontakt mit mir noch mit dem Publikum. Und dann wird es ganz schräg.
Suva: Ja, absolut. Das kann nicht funktionieren.
Sprechen aus dem Bauch – nicht aus dem Kopf
Petra: Ja. Und was ist deine Empfehlung? Wie kann ich Schritt für Schritt einen Zugang finden, der mir das leichter macht? Ich habe eine innere Botschaft, bin aber noch unsicher. Wie kann ich das ausdrücken?
Suva: Na ja gut, es geht ja auch darum, dass du nicht etwas rezitierst, was dir jemand anders als Text gibt – also auswendig lernst oder abliest.
Petra: Na, ich habe meinen Text ja selbst geschrieben – das war nicht von jemand anderem.
Suva: Okay. Und du hast ihn dann auswendig gelernt und vor Publikum vorgetragen?
Petra: Ja.
Suva: Ich glaube, dieses Auswendiglernen führt dazu, dass man zu sehr an der Form, an den Worten klebt. Gut, absolute Profis können das vielleicht. Aber das ist nicht das Feld, in dem wir uns bewegen. Wir möchten keine Profisprecher sein. Wir möchten Menschen sein, die ihr Thema in die Welt bringen – du zum Beispiel mit deiner Körperarbeit. Deshalb würde ich sagen: Zuerst in das eigene Sein kommen. Fühlen: Was ist meine Botschaft? Was ist meine Absicht? Was möchte ich wirklich mitteilen – und wem? Wer hört da zu? Was brauchen diese Menschen? Und dann spüren: Was möchte ich ihnen geben? Diese innere Verbindung ist der Schlüssel – zuerst mit sich selbst und dann mit dem Publikum. Und wenn du die Beziehung spürst, wird der Ausdruck lebendig. Dann kannst du aus dem Bauch heraus sprechen.
Der wohlwollende Blick im Publikum
Petra: Ja, was ich auch ganz hilfreich finde: sich vorzustellen, im Publikum sitzt meine liebste Freundin. Die ist ganz wohlwollend, neugierig, offen – und freut sich, was ich zu sagen habe. Das hilft mir, eine emotionale Verbindung zum Publikum aufzubauen. Und dann auch: wirklich im Körper zu sein. Mich zu bewegen, zu gestikulieren. Nicht wie eine Säule dazustehen. Meine Mimik darf mitsprechen, meine Augen dürfen den Kontakt suchen. Dann gibt es eine Rückkopplung – das Gesagte landet beim Gegenüber, und ich spüre es auch wieder bei mir. Und dann kommt der nächste Impuls. So entsteht es aus sich selbst heraus.
Suva: Wie in einem natürlichen Gespräch – wie zwischen uns jetzt.
Petra: Genau. Es ist ein Dialog – kein Monolog.
Suva: Und Monolog ist das Tödlichste, ja.
In Resonanz lesen – mit Gefühl statt Perfektion
Suva: Die Verbundenheit – wir wollen ja die Beziehung zum anderen, zum Publikum.
Petra: Ja. Was ich auch hilfreich finde – auch für mich selbst: Ich habe jetzt zum Beispiel mal… dass ich auch meinem Partner… also dass wir uns gegenseitig etwas vorlesen. Dass ich vorlese. Und ich weiß, wenn ich früher in der Schule vorlesen musste, dann war ich nur damit beschäftigt, wie klingt das, was ich sage – und den Inhalt habe ich gar nicht mitbekommen. Nach dem Vorlesen konnte ich nicht wiedergeben, was ich vorgelesen habe.
Suva: Das kenne ich auch.
Petra: Und jetzt zu lesen und dabei… Ich war auch eine Langsamleserin und konnte nicht einen halben Satz, also nicht lesen und schon die nächsten Worte oder den nächsten Satz mit meinem Blick erfassen und wissen, was da kommt. Und das gelingt jetzt. Und das ist schön. Und dann auch mit Intonation zu spielen oder mal mit so kleinen Pausen, damit das Gesagte landen kann – also mit Tempo und Betonung.
Und wenn ich jetzt meine intuitiven Texte… Das ist manchmal immer noch für mich auch eine Hürde, wenn ich einen Text vorlese, dass es sich nicht wie vorgelesen anhört – weil dann ist es sofort tot. Manchmal braucht es zwei, drei Sätze, und dann gelingt es. In dem Moment, wo ich das in mir fühle – das Wort, das ich gerade spreche oder diesen Satz – dann verlebendigt sich das, und dann klingt es richtig, dann kommt es satt an. Dann hört es sich nicht mehr wie vorgelesen an.
Das will geübt werden – in ganz kleinen Schritten. Für mich geht das nur in kleinen Schritten. Ich habe ja zum Beispiel den Podcast als Interview – alle 14 Tage gibt es ein Gespräch. Das fällt mir viel leichter. Das wäre mir früher unmöglich gewesen, aber jetzt geht das. Und wer weiß, vielleicht bin ich irgendwann so weit, dass ich sage: Ich nehme jetzt eine Podcast-Folge alleine auf und spreche alleine – weil das ist nochmal eine ganz andere Hausnummer.
Suva: Verstehe ich, ja.
Vom stillen Kind zur Sprecherin – Mut wächst aus dem Innen
Petra: Vielleicht kannst du was dazu sagen – aus eigener Erfahrung oder vielleicht hast du Tipps oder eine Hilfestellung. Vielleicht fällt dir was ein?
Suva: Ja, wenn ich dir so lausche… Ich habe ein bisschen auch reflektiert über mein Leben. Und tatsächlich war ich genau wie du auch ein extrem introvertiertes, schüchternes und fast schon verstocktes Kind. Extrem – wirklich, wenn ich mich recht entsinne. Und alles, was ich an Mut und Sozialkompetenz und Sprechkompetenz habe, das habe ich mir sehr, sehr spät im Leben angeeignet.
Für alle, die denken: „Nee, das kann ich mir nicht vorstellen – ich mag lieber in meinem stillen Kämmerlein für mich mein Süppchen kochen“ – ja, wir wollen euch echt Mut machen, wenn du das jetzt hörst. Es geht nicht darum, sofort alles perfekt zu können. Es ist ein Lernprozess – auch bei uns – der teilweise Jahre dauert.
Ich habe tatsächlich durch eine sehr starke innere Mission überhaupt erst die Idee gehabt, Podcasts zu machen. Es war in der Wüste, zur Jahreswende 2019 zu 2020, als ich gemerkt habe: Okay, dieses Jahr wird ein besonderes. Dass es dann für alle ein Aufwachjahr wurde, habe ich erst später realisiert.
Aber ich hatte einen starken inneren Ruf: Ich möchte etwas mit der Welt teilen – aus meinem persönlichen Leben, aus meinem eigenen Aufwachen. Und das hat mich überwinden lassen. Durch diesen inneren Ruf, durch diese Mission, durch eine Art Sendungsbewusstsein, das ich auf einmal entwickelt habe.
Vorher war das nicht da. Ich hatte ein Jahr vorher zwar angefangen, ein Buch zu schreiben – aber nie gedacht, dass das mal veröffentlicht wird. Und dann habe ich gemerkt: Doch, das will raus. Nicht aus Ego-Gründen, sondern einfach, weil ich den Wunsch hatte, dass Menschen teilhaben können – an mir, an meinem Weg, an dem, was ich zu sagen habe.
Wo Schmerz war, zeigt sich oft der Weg
Petra: Wie schön. Vielleicht auch gerade deshalb – weil du sagst, du warst selber so ein verstummtes Kind. Ein Kind, das nicht in den Ausdruck gekommen ist. Das ist ja ein großer innerer Schmerz auch.
Suva: Ja, und ich habe immer gedacht: Das will doch keiner wissen, was ich sage oder schreibe. Wirklich – das war mein Hauptglaubenssatz. Ich dachte: Ist doch nicht interessant. Wen soll das denn interessieren?
Und erst Freunde haben mir gesagt: Nein, Suva, das ist nicht normal. Das ist nicht selbstverständlich. Das, was du da erlebt hast – das ist sehr einzigartig. Das muss raus.
Da, wo der große Schmerz ist, da geht es lang. So kann ich das auf jeden Fall bezeugen. Und das scheint bei dir auch so gewesen zu sein.
Und das heißt: Egal, wo ich mich im Leben gerade befinde – es gibt immer einen kleinen Schritt, der möglich ist. Einen Schritt, mit dem ich mich wohlfühle – und in dem ich ein Stück über mich hinauswachse.
Petra: Ja, so ist es. Wenn du mir vor einem Jahr gesagt hättest, ich würde einen eigenen Podcast haben – ich hätte gesagt: Never ever! Kann ich mir gar nicht vorstellen.
Und jetzt ist er da. Und es fühlt sich für mich so lebendig an, so reich. Ich gehe auf, ich erkunde. Ich empfange ganz viel dadurch – in den Gesprächen, durch den Austausch, durch das Eintauchen. Es ist einfach toll, in Kontakt zu gehen. Stimme und Sprache sind ja auch eine soziale Brücke. Das ist ja das, was mich mit dir verbindet.
Kleine Brücken schlagen – selbst im Alltäglichen
Petra: Ja. Und das wahrzunehmen ist ja auch ganz schön – dass, wenn ich introvertiert bin, ich diese Brücke auch immer schlagen darf. Und wenn es manchmal nur mit einer Geste ist, mit einem Lächeln. Oder ein paar Worte auf der Straße. Und diese Freude dann aufzunehmen und wirken zu lassen – sich dann entfalten zu lassen.
Ich denke, wir haben ganz schöne, wertvolle Dinge angesprochen. Und vielleicht gibt es von deiner Seite noch etwas, was du mitteilen möchtest? Was dir noch am Herzen liegt?
Sprache jenseits der Worte – Lichtsprache, Klang, Präsenz
Suva: Mir ist gerade noch gekommen, als ich dir gelauscht habe, dass im Ursprung der Menschheit tatsächlich diese Lichtsprache und Seelensprache mit ganz, ganz wenigen Worten da war – mit sehr viel lautmalerischen Tönen.
Und da möchte ich gern, vielleicht zum Abschluss, nochmal den Impuls ins Feld geben:
Dich zu ermutigen, öfter mal nicht so viele Worte zu machen.
Sondern wirklich mehr dich selbst und den Gesprächspartner zu fühlen.
Durch die Worte hindurch wahrzunehmen. Die Schwingung des anderen spüren. Die Energie.
Mehr in den eigenen Körper hineinlauschen: Wie fühlt es sich an, mit diesem Menschen hier zu sein? Ich glaube, da liegt die wahre Magie. Da, wo wir als Menschen – nach meinem Empfinden – gerade wieder hinwollen. Da wird es richtig schön. Man braucht gar nicht so viele Worte. Dann ist es Kommunikation auf Herzensebene – in Resonanz, Raum gebend.
Petra: Nicht ein Kampf um Aufmerksamkeit. Nicht: Wer ist der Lauteste? Wer zieht die Blicke auf sich? Das ist ja oft ein Zeichen von Mangel – wenn ich zu wenig gehört wurde, dass ich dann später darum kämpfe, gehört zu werden.
Und es ist schön – wieder mehr nach innen zu lauschen.
Den Ausdruck nicht nur mit Stimme zu leben, sondern mit Klang, mit Körper, mit Gewahrsein, mit Fülle, mit Nähe.
Ein stilles Danke – und eine Einladung zum Weitertragen
Petra: Ja, schön, liebe Suva. Ich danke dir. Ich danke dir für dieses Gespräch.
Und wer sich mit dir in Verbindung setzen möchte – die Links setze ich auf jeden Fall in die Show Notes.
Wenn dich dieses Gespräch berührt oder inspiriert hat, freue ich mich, wenn du es weiterträgst – an Menschen, die vielleicht selbst gerade auf der Suche nach ihrem Ausdruck sind.
Danke, dass du dabei warst – mit deinem Lauschen, deinem Fühlen, deinem Dasein.
Ich sage: Bis bald – hier bei Vom Leben berührt, deinem Podcast für transformative und ganzheitliche Körperarbeit.
Liebe Suva, ich danke dir von Herzen.
Suva: Und ich danke dir. Eine große Freude. Alles Liebe dir.
Petra: Bis dann. Tschüss.
✨ Was klingt in dir nach?
Dieses Gespräch darf weiterwirken – in dir und mit dir. Wenn du magst, teile gern in den Kommentaren, was dich berührt hat oder was du für dich mitnimmst. Dein Beitrag kann auch andere ermutigen, sich mit ihrer Stimme zu zeigen – ehrlich, fühlbar und verbunden. Danke, dass du hier bist.
Links
Suva Schachner ist Voice & Charisma Coach und Empathic Empowerment Mentorin.
- Ihre Website
- Ihre Angebote zum Thema Stimme
- Zu finden auf Instagram
- Bei YouTube
- Ihr Podcast
Ressourcen
- Podcast #47: Wenn Sprache fließt
- Podcast #37: Stöhn, Seufz, Ahhh – Die Ursprache des Körpers
- Podcast #36: Ehrliches Mitteilen als Weg zur authentischen Verbindung – im Gespräch mit Boris Urlbauer 👉 Transkript
- Blogartikel: Wenn Worte fehlen – Kindliche Prägung – People Leasing und die heilsame Kraft der Sprache
- Blogartikel: Stimm dich frei – Warum Tönen Körper, Geist und Nervensystem stärkt
✏️ Für Feedback & Fragen rund um diesen Podcast sende mir gern eine E-Mail oder hinterlasse hier gerne einen Kommentar. Ich freue mich auf dich!